Friedrichshafen, 18. April 2018: Das 46. UAV DACH Fachforum auf der AERO Friedrichshafen stand unter dem Motto „Flugbetrieb im untersten Luftraum – Kooperativ und Miteinander“ – ein hochaktuelles Thema mit vielen Facetten und Sichtweisen.
Der UAV DACH e.V. brachte beim 46. UAV DACH Fachforum hochrangige Vertreter der betroffenen Fachverbände und weitere Experten zusammen auf die Bühne und mit bewährter Moderation von Michael Wieland, Leiter der Geschäftsstelle UAV DACH e.V., ins Gespräch:
- Dieter Klein – Deutscher Hubschrauber Verband e.V. (DHV)
- Max Scheck – Vereinigung Cockpit e.V. (VC)
- Volker Engelmann – Deutscher Aero Club e.V. (DAeC)
- Carl Sonnenschein – Deutschen Modell Flieger Verband e.V. (DMFV)
- Michael Niesen – INTEL Deutschland GmbH
- Ralf Heidger – Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS).
Unterster Luftraum ist stark frequentiert
Viele Nutzer teilen sich den räumlich beschränkten, untersten Luftraum – das ist nichts Neues – bekommt jedoch durch die zunehmende Anzahl und das Hinzukommen von unbemannten Fluggeräten eine zunehmende Bedeutung. Zu den Nutzern des untersten Luftraumes gehören:
- Hubschrauber im privaten und gewerblichen Einsatz
- Rettungs- und Polizeihubschrauber
- Modellflieger an und außerhalb von Modellflugplätzen
- Motor- und Segelflieger
- Ballonfahrer
- Paraglider, Drachenflieger und Fallschirmspringer
- Startende und landende Verkehrsflugzeuge
- Forschungs- und Testflüge
- … und nicht zuletzt die älteste Nutzungsgruppe – Vögel.
Sie fliegen auf der Grundlage bewährter Nutzungs- und Betriebskonzepte sowie gegenseitiger Rücksichtnahme parallel und kooperativ im gleichen Luftraum. Das ist ein guter Ansatz.
Es kam bisher zu ganz wenigen Zusammenstößen in der Luft, allerdings schon zu einer nennenswerten Anzahl von risikobehafteten Begegnungen im Luftraum. Das betrifft auch Drohnen, die in Lufträumen fliegen, wo sie nicht hingehören.
„Die Luftraumverletzung eines Einzelnen, hat Konsequenzen für Alle.“
Volker Engelmann – DAeC
UAS / Drohnen als neue Nutzungsgruppe im untersten Luftraum müssen sich integrieren
In den letzten Jahren kamen UAS im Sport- und Freizeitbereich und zur kommerziellen Anwendung hinzu. Dieser Trend wird anhalten und sich in verschiedenen Nutzungsarten deutlich verstärken (z.B. Forst- und Landwirtschaft, Transport kleiner Lasten).
Die neue Nutzergruppe „Drohnen“ muss sich kooperativ integrieren, um Gefahren im Luftraum auch künftig auf ein Minimum zu beschränken.
Jeder der genannten Luftraumnutzer hat eigene Bedürfnisse und spezifische Verfahren und technische Ausstattung. Positive Sicherheitseffekte müssen generell verstärkt werden.
„Der unterste Luftraum wird traditionell sicher und kooperativ gemeinsam von der bemannten Luftfahrt und dem organisierten Modellflug genutzt.“
Carl Sonnenschein – DMFV
Kooperatives Verhalten ist in dem nicht überwachten Luftraum der einzig vielversprechende Ansatz. Ein Restbereich an nicht kooperativen Luftraumnutzern, gerade auf Seiten der UAS Piloten, wird verbleiben. An diese sind Motivationsimpulse auszusenden, um ihr Verhalten in Richtung Flugsicherheit nachhaltig zu verändern.
Handeln, nicht nur reden
Unfälle in der Zukunft werden nicht durch Präsentationen, Reden oder guten Absichten vermieden – konkret muss das Safety Risk Management zur Unfallvermeidung für alle Nutzungsarten des untersten Luftraums tatkräftig vorangetrieben werden.
„Dem Eintritt eines Unfalls in der Zukunft, muss jetzt durch Aktionen vorgebeugt werden. Die Vertreter der Spitzenverbände tragen heute die Verantwortung für das Wohlergehen der Luftraumnutzer.“
Dieter Klein – DHV
Der unterste Luftraum soll auch in Zukunft in der Nutzung frei und unkontrolliert bleiben dürfen. Unkooperative Luftraumnutzer werden auch durch Gesetze und Verordnungen nur schwer zu erreichen sein. Einsicht und Verständnisgewinn müssen die Motivation für Alle sein.
Unfallvermeidung in der Luftfahrt
Noch mehr als in anderen Lebensbereichen kommt es in der Luftfahrt darauf an von den Erfahrungen anderer zu profitieren. In einer idealen Sicherheitskultur reden alle Beteiligten offen über Vorkommnisse, Fehler und Probleme und tauschen ihre Erfahrungen aus, um gleichgelagerte Risiken künftig zu vermeiden. Aufgrund der Komplexität der Luftfahrt ist ein systematisches Vorgehen mit Melde-, Erfassungs- und Auswerteverfahren notwendig. Ein solches System darf nicht vorrangig der Fehlersuche und Schuldzuweisung dienen, sondern soll ermöglichen, „non punitiv“ Erfahrungen und Erkenntnisse zu teilen. Das besondere Verantwortungsbewusstsein von Piloten zeigt sich durch die Bereitschaft negative Erfahrungen mit anderen zu teilen, damit sie Fehler von vornherein vermeiden können.
„Damit Fehler beim Betrieb von UAS nicht unnötig wiederholt werden, ist ein systematischer Austausch notwendig. UAV DACH könnte bei der Etablierung eines non-punitiven Meldesystems eine Schlüsselrolle spielen.“
Max Scheck – VC
Gerade der noch junge aber von rasanter Entwicklung gekennzeichnete Betrieb von Drohnen sollte sich eine offene Fehlerkultur leisten, um Fehler, Störungen und Unfälle zu vermeiden. Da Meldesysteme der Behörden ehr zaghaft genutzt werden, bietet sich eine Initiative des UAS Branchenverbandes an. Vorkommnisse sollen auch anonym gemeldet werden können.
Die Komplexität der Strukturen für ein UTM wird oft unterschätzt
„Da müsste man doch nur …“, so beginnen gern die Statements von Diskussionsteilnehmern. Wenn es einfach wäre, dann wäre das Erprobungsprogramm U:CON nicht notwendig. Die DFS und die Deutsche Telekom entwickeln in U:CON eine betrieblich und technisch geeignete Systemarchitektur, um Konnektivität, E-Identifikation, Überwachung und Tracking über Mobilfunk zu testen und serienreif zu machen.
„Wir haben nachgewiesen, dass Tracking von Drohnen, die über Mobilfunk angebunden sind, mit der für die Luftfahrt geforderten Genauigkeit in Echtzeit möglich ist.“
Ralph Heidger, DFS
Unbemannte Fluggeräte können also in der UTM-Umgebung sichtbar und einer angebundenen ATM-Umgebung verfügbar gemacht werden. Mit den Möglichkeiten im Luftraum befindliche Drohnen für andere Verkehrsteilnehmer sichtbar zu machen befasst sich auch die Firma INTEL. Mit einem offenen System auf Basis der Bluetooth-Technologie könnte mit geringem Aufwand und niedrigen Kosten die Übertragung von Drohnen-Daten möglich gemacht werden. Eine e-ID Auslesung würde die Flugverkehrskontrolle, Ordnungsämter und die Polizei bei ihrer Arbeit unterstützen sowie notwendige Informationen für die Öffentlichkeit, Private Sicherheitsfirmen und Drohnen-Operator bereitstellen.
„Mit Bluetooth der 5. Generation wird die Abfrage und Übertragung von Drohnendaten einfach und kostengünstig möglich sein.“
Michael Niesen, INTEL Deutschland GmbH
Zusammenfassung und Ausblick
Achim Friedl, Vorstandsmitglied beim UAV DACH e.V., fasste die Erkenntnisse aus der verbandsübergreifenden Diskussion zur Nutzung des untersten Luftraums für die Teilnehmer auf die wesentlichen Punkte zusammen.
Der unterste Luftraum wird von einer Vielzahl von Nutzern mit unterschiedlichen Interessen genutzt. Im Luftraum wird es enger und daher ist kooperativer Flugbetrieb unerlässlich. Störungen und Unfälle, die Morgen passieren könnten müssen durch vorbeugendes Handeln heute schon vermieden werden. Nicht nur Reden, sondern Handeln. Die Diskussionen von gestern sind Handlungsanweisung von heute und die Diskussion von heute gibt künftiges Handeln vor.
1. Diskurs und Erfahrungsaustausch
Deutschland ist auf dem richtigen Weg. Fruchtbare Diskussionen sind auch in Zukunft unentbehrlich. Gute Beispiele sind der nationale Beirat für unbemannte Luftfahrt, die Bundesarbeitsgemeinschaft „Luftraum für Alle“, das VC Pilot2Pilot Event, die DHV Fluglehrerfortbildung sowie nationale und internationale Tagungen.
2. Informationssteuerung
Informationen an und für die Luftraumnutzer sind essentiell. Relevante Betriebs- und Sicherheitsinformationen müssen alle erreichten. Gute Beiträge leisten: Flugleiter auf Modellflugplätzen, Beipackzettel beim Verkauf, Kenntnisnachweispflicht und Verbandsarbeit. Ein straffreies Melde- und Auswertesystem für alle Vorfälle könnte die Flugsicherheit verbessern (lernendes System).
3. Regelwerk
Gesetzliche und betriebliche Regelungen sind notwendig. Die LuftVO und künftig der europäische Rechtsrahmen räumen ausreichende Rechte ein und geben Pflichten vor. Die Regelungen müssen gut gelebt werden und alle müssen mitmachen. Die Ahndung von Verstößen ist notwendig und hat appellierende Wirkung zum ordnungsgemäßen Flugbetrieb. In U-Space müssen sich die Drohnen dem bemannten Verkehr anpassen (konfliktfreier Verkehr ggf. mit Vorrangregelung) und auf die bisherigen Luftraumnutzer dürfen keine Belastungen zukommen.
4. Technik
Die Umsetzung technischer Lösungen, insbesondere bei der Sicherheitsausstattung von Drohnen, soll forciert werden: Registrierung, Identifikation, Tracking, Geofencing, Beleuchtung und Detect & Avoid-Systeme. Testeinrichtungen werden benötigt. Es sollte daran gedacht werden, kleine, leichte und kostengünstige Systeme, die für UAS entwickelt wurden, auch der bemannten Luftfahrt verfügbar zu machen.
UAV DACH e.V. beabsichtigt mit anderen Verbände eine gemeinsame Flugsicherheitsinitiative
Das wichtigste Ergebnis des 46. UAV DACH Fachforums ist, dass die Vertreter der Verbände sich gemeinsam auf eine vom UAV DACH e.V. gestarteten Initiative vereinbarten, die allen Nutzern des untersten Luftraumes zu Gute kommt.
„Der UAV DACH e.V. beabsichtigt zusammen mit der VC und dem BVCP ein online Melde- und Auswertesystem für Zwischenfälle aller Art mit Drohnen einzurichten. Diese Initiative wird vom DAeC, vom DHV und vom DMFV unterstützt.“
Achim Friedl, UAV DACH e.V.
Eine Kommunikationsbasis, ohne der Befürchtung sofort selbst „angeklagt“ zu werden, ist ein Ansatz, der in anderen Bereichen der Luftfahrt seit Anfang der 1990er Jahre etabliert ist und zu sehr guten Erfolgen geführt hat. Mit einem straffreien Meldesystem in der unbemannten Luftfahrt besteht eine Möglichkeit, Quellinformationen (also Originalton) von einer Vielzahl von Vorkommnissen und Vorfällen zusammen zu tragen. Aus einem Vorfall werden Daten. Und aus den Daten werden Sicherheitsinformationen.