Erschienen im Dezember 2017 im Journal der DGPF – Deutsche Gesellschaft für Photogrammetrie und Fernerkundung e.V., von Michael Cramer, Stuttgart und Paul Eschbach, UAV DACH e.V., München.

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Quo vadis UAS? – Thema Neue Drohnenverordnung/Regulierung Deutschland

Das alltägliche Verwenden von Drohnen, sei es für private oder kommerzielle Zwecke, ist längst Realität. Laut Schätzung der Deutschen Flugsicherung (DFS) sind in Deutschland 400.000 Drohnen in der Verwendung (Stand 2016). Eine sehr konservative Prognose geht für das Jahr 2020 von deutlich über einer Million Drohnen aus. Damit steigt zwangsläufig die Gefahr von Kollisionen mit bemannten Luftfahrzeugen. Die Statistik der DFS zählte 14 Konflikte von Drohnen mit dem regulären Flugverkehr im Jahr 2016. Für 2017 wurden bereits 64 Behinderungen gemeldet und nach dem ersten Halbjahr rechnet die DFS mit einem neuen Höchststand für das aktuelle Jahr 2017 [DFS 2017].
Die Vereinigung Cockpit als Berufsorganisation der Piloten von Verkehrsflugzeugen schätzt jährlich über eine Millionen Flugbewegungen bemannter Flugzeuge im unkontrollierten Luftraum unterhalb von 150 Metern. Hier drohen vor allem Konflikte mit Hubschraubern im Rettungseinsatz, die bei Zusammenstößen mit Drohnen besonders gefährdet sind.

Vor diesem Hintergrund entstand fürDeutschland die neue Drohnenverordnung. Mit Datum zum 6. April 2017 wurde im Bundesgesetzblatt die neue Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten veröffentlicht und damit die Luftverkehrsordnung (LuftVO) entsprechend angepasst [BGBL 2017]. Laut Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), sollten mit dieser Verordnung klare Regeln zur Nutzung der Drohnentechnologie definiert werden, „um der Zukunftstechnologie Drohne Chancen zu eröffnen und gleichzeitig die Sicherheit im Luftraum deutlich zu erhöhen [BMVI 2017].“ Die in der LuftVO definierten Vorgaben zum erlaubnisbedürftigen Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen (siehe §21a) und vor allem auch die Flugverbotstatbestände gemäß §21b(1) haben allerdings „nach Angaben der Mitglieder des UAV DACH e.V. beim kommerziellen Einsatz von unbemannten Luftfahrtsystemen (UAS) zu einem Rückgang des Auftragsvolumens von bis zu 80%“ geführt [UAV-DACH 2017]. Insgesamt herrscht eine große Unsicherheit bei den Landesluftfahrtbehörden, die zum Teil sogar bereits erteilte Aufstiegsgenehmigungen zurückzogen. All dieses hat dazu geführt, dass einige der im UAS-Umfeld tätigen kleinen Firmen ihr Geschäft zwischenzeitlich aufgeben mussten.

Behörden werden in der LuftVO bevorzugt behandelt und bekommen praktisch ausnahmslos Aufstiegsgenehmigungen. Dies benachteiligt private Drohnenanwender, die z.B. hoheitliche Aufgaben im vermessungstechnischen Bereich erfüllen müssen. Zeitweilig wurden auch den Universitäten vereinfachte Aufstiegsgenehmigungen erteilt. Nach neuester Klarstellung des BMVI fallen die Universitäten aber doch nicht unter die Behördenregelung der aktuellen LuftVO §21a/b, obwohl einige Landesluftfahrtbehörden schon anders entschieden hatten. Das BMVI verweist diesbezüglich auf das Verwaltungsverfahrensgesetz (§1 Abs. 4 VwVfG),wonach Behörden nur diejenigen Stellen sind, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

Das Bundesland Bremen hat zwischenzeitlich mit einer eigenen Regelung die in der novellierten LuftVO definierten Flugverbotstatbestände teilweise zurückgenommen [ABHB 2017]. Beispielhaft seien die Abstandsregelungen gemäß LuftVO §21b(1)3-5 genannt. Die LuftVO verbietet generell den Betrieb von UAV über und in einem seitlichen Abstand von 100 Meter von Menschenansammlungen, kritischen Bereichen und Gebieten und Verkehrswegen. Die Regelung des Landes Bremen demgegenüber erlaubt hier grundsätzlich den Betrieb dieser Systeme, definiert einzuhaltende Mindestabstände aber nach der so genannten 1:1Regel, das heißt, ein 1 m Abstand bedeutet maximal 1 m Flughöhe, bis hin zu 100m Abstand bedeuten maximal 100mFlughöhe. Der Mindestabstand ist je nach Objekt geregelt. Diese Regelungen wurden später in die Gemeinsamen Grundsätze des Bundes und der Länder vom 27.10.2017 [NfL 2017] übernommen.
Seit dem 1. Oktober 2017 ist bei einer Startmasse von mehr als 2 kg oder in Flughöhen von mehr als 100 m über Grund ein zusätzlicher Kenntnisnachweise für Steuerer von unbemannten Fluggeräten erforderlich (gemäß LuftVO §21d). Das Luftfahrtbundesamt hat dazu deutschlandweit 44 Organisationen/Firmen als so genannte anerkannte Stellen (AST) zertifiziert, in denen der Kenntnisnachweis abgelegt werden kann. Diese AST haben zum Teil wiederum Unterstellen.

Beispielsweise sei hier die UAVDACH Services UG (DE.AST.001) genannt. UAVDACH-Services UG selber hat nach der Zulassung ein Netzwerk von 33 regionalen Betriebs- und Prüfungsstätten 83 Zweigstellen eingerichtet und 78 Prüfer qualifiziert, die seit Anfang August 2017 ca. 1500 Prüfungen abgenommen haben. Insgesamt wurden laut Abschätzung der UAV-DACH in den ersten zwei Monaten nach Einführen des Kenntnisnachweises deutschlandweit ca. 4500–5000 dieser Prüfungen bei den verschiedenen anerkannten Stellen abgelegt.

Die einheitliche Qualifikation des Personals der anerkannten Stellen wird über mehrtägige Standardisierungs-Seminare mit nachfolgendem Erstaudit im Rahmen einer Kenntnisnachweis-Prüfung sichergestellt. Periodische Nachschulungen und Folgeaudits stellen die Konstanz der Qualität sicher. Um den Bedarf des Marktes nach praktischer Qualifikation des UAS-Personals zu stillen, wird bei UAVDACH-Services UG die theoretische Kenntnisnachweisprüfung erweitert, um eine praktische Befähigungsüberprüfung nach dem so genannten UAV-DACH-Skill-Test. Bei Erfolg erhält der Prüfling ein Beiblatt „erweiterter Kenntnisnachweis“.

Mit den seit dem 27. Oktober 2017 verfügbaren neuen Gemeinsamen Grundsätzen des Bundes und der Länder für die Erteilung von Erlaubnissen und die Zulassung von Ausnahmen zum Betrieb von unbemannten Fluggeräten versuchen Bundesverkehrsministerium und Landesluftfahrbehörden die Praxis zur Erteilung von Aufstiegserlaubnissen über die Ländergrenzen zu vereinheitlichen [NfL 2017]. Diese Grundsätze verfolgen einen risikobasierten Ansatz. „Zur Harmonisierung auf Bundesebene wurde eine einheitliche Risikobewertung entwickelt.“ (SORA-GER, Specific Operations Risk Assessment Germany, Risikobewertung für den genehmigungspflichtigen Betrieb Deutschland) [NfL 2017]. Vereinfachte Verfahren ohne explizite Risikobewertung sind möglich.

Das Bundesverkehrsministerium hat selber auch erkannt, dass die aktuelle LuftVO einer Überarbeitung bedarf. Am 30.11. und 1.12. fand daher die konstituierende Sitzung des „Beirat unbemannten Luftfahrt“ statt. Mit einer novellierten LuftVO kann in 2018 gerechnet werden. Parallel zu den nationalen Regulierungen sind die Aktivitäten der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (European Aviation Safety Agency EASA) zu erwähnen. Eine entsprechende Notice of proposed amendment NPA 2017-05 (B) „Introduction of a regulatory framework for the Operation of drones“ wurde im Mai 2017 vorgestellt und wird aktuell um die eingegangenen Kommentare ergänzt bzw. überarbeitet [EASA 2017]. Es ist davon auszugehen, dass innerhalb der kommenden vier Jahre eine europaweite, einheitliche Regulierung für Drohnen aller Gewichtsklassen implementiert sein wird.

Durch die verschiedenen Gremien der EASA, bei JARUS (Joint Authorities for Rulemaking on Unmanned Systems [JARUS 2017]) und im nationalen Drohnenbeirat werden die Inhalte für die neuen Umsetzungsregeln (Implementing rules) für Drohnen in Europa erarbeitet. Sobald die neue Basis-Regulierung Luftfahrt durch das EU-Parlament genehmigt wurde, kann die EASA die Umsetzungsregeln als Vorgabe für die nationaleGesetzgebung der Mitgliedsstaaten herausgeben. Nach einer mehrjährigen Übergangsphase treten diese dann in Kraft.

Für die Fortschreibung der Gesetze spielen die verschiedenen Verbände und Interessensvertretungen der unbemannten Luftfahrt eine wesentliche Rolle. Für Deutschland ist hier vor allem der deutschsprachige Verband der unbemannten Luftfahrt UAV-DACH e.V. zu nennen, der mit Abstand älteste Drohnenverband in Deutschland. Dieser Verein repräsentiert über 170 Mitglieder und wird seit über 17 Jahren bei Beschlussfassungen auch seitens der Ministerien und Gremien gehört, vor allem auch aufgrund der langjährigen Fachkompetenz. Diese hilft den Behörden bei einer fundierten Weiterentwicklung von Regularien einerseits, den Forschern, Entwicklern und Herstellern bei einer zukunftsorientierten Ausrichtung von Technologie und Systemherstellung andererseits und sorgt für eine breitgefächerte Erschließung sinnvoller Anwendungsfelder. Im Oktober 2016 hat sich der Bundesverband Zivile Drohnen (BVZD) in Berlin gegründet. Ein Verband unbemannte Luftfahrt entstand erst vor wenigen Wochen als gemeinsame Initiative des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) und des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI). Im Gegensatz zu UAV-DACH konzentrieren sich letztere Verbände auf Teilsegmente des UAS-Marktes. Um eine Zersplitterung der unbemannten Luftfahrt in Partikularinteressen zu vermeiden, gibt es jedoch Kooperationen der Verbände.

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